Perspectives

Elizabeth McGrath

Liz McGrath on how moving to Los Angeles as a child helped her move to Berlin as an adult, and why it pays off to take a leap into the unknown.

Von L.A. nach Berlin - Glaubenssprünge

Als ich neun Jahre alt war, hatte ich das Glück, die außergewöhnliche Erfahrung zu machen, aus meinem Alltag in Leytonstone, East London, entwurzelt zu werden und in das unbekannte Los Angeles gebracht zu werden. In London wohnte ich in einem bescheidenen viktorianischen Reihenhaus und besuchte die örtliche Grundschule. Der Grund für den Umzug war, dass mein Vater, ein Geschichtslehrer, sich für das Fulbright Exchange Program beworben hatte und angenommen wurde, Mit dem Programm können Lehrer ihre Jobs tauschen (ganz zu schweigen von Häusern, Autos und Haustieren) und überall in der Welt leben. Er erklärte, dass es nur für ein Jahr sein würde und danach würden wir zurückkommen und dort weitermachen, wo wir aufgehört haben. Es war so eine abwegige Idee, aber das Großartige am Kind sein ist, dass du einfach akzeptierst, was deine Eltern dir sagen. Ich erinnere mich, dass ich überrascht war, aber vor allem aufgeregt und vertraute darauf, dass sich meine Mutter und mein Vater um die schwierigen Dinge kümmern würden.

So kam es, dass wir kurz vor Beginn des neuen Schuljahres im September 1989 in dem komfortablen, verschlafenen Vorort Monrovia wohnten, der sich zu Füßen der atemberaubenden San Gabriel-Berge, etwa zehn Meilen außerhalb von Downtown Los Angeles befand. Unser Haus sah aus wie aus einem Spielberg-Film. Es war ein großer Bungalow in hellem Entenei-blau mit einer großen Holzveranda. Auf beiden Seiten der Straße gab es Rasenflächen, auf die Sprinkler Wasser mit Hilfe eines Timers spritzten, um das Gras im endlosen heißen Wetter grün zu halten. 

Im Haus gab es mehr Platz als wir damit anfangen konnten und Deckenventilatoren in jedem Zimmer. Ich war eine Neunjährige mit einem eigenen Badezimmer. Es gab ein extra Wohnzimmer genannt "den" mit einer Nintendo-Spielekonsole und einen riesigen Hinterhof, wo wir frische Orangen und Limetten direkt von den Bäumen pflücken konnten. Wir waren plötzlich Besitzer eines entzückenden Hundes namens Rusty und eines alten weißen Toyota Celica, in den wir jedes Wochenende kletterten, um jeden möglichen Zentimeter Amerikas zu erforschen (dazu gehörten viele Canyons, Nationalparks und natürlich Disneyland). Unsere Nachbarn waren so begeistert von uns Briten, dass sie uns anboten, ihr Schwimmbad jederzeit zu nutzen. Das haben wir auch gemacht. Wir fuhren zum Zuma Beach und spielten den ganzen Tag mit dem Boogie-Board in der Brandung. Wir gingen in riesigen Einkaufszentren shoppen, aßen Frozen Yoghurt und grillten mit unseren vielen neuen Freunden. Wir sonnten uns. Waren entspannt. Glücklich. Mein jüngerer Bruder Simon und ich waren uns einig, das war so nah am Paradies wie nur möglich.

Die Grundschule in L.A. war ebenfalls eine positive Erfahrung - das Mobbing, das ich später erleben sollte, weil ich zu "zu groß" war, lag zum Glück noch einige Jahre entfernt. Ich wurde mit offenen Armen in der Mayflower School begrüßt und lange nachdem mein englischer durch einen kalifornischen Akzent ersetzt wurde und ich keine Neuheit mehr war, war ich erleichtert, dass ich mit einer einer tollen Gruppe von Freunden umgeben war. Nachdem mein Englisch Lehrer mich als "begabt" identifiziert hatte, wurde ich in das Jahr über mir für Unterricht versetzt. Wie durch ein Wunder, erhielt ich von den anderen Kindern keinen Gram dafür.

Ich war bereits vor unserem Umzug nach Los Angeles ein recht selbstbewusstes Kind, aber die Erfahrung, in Amerika zu leben, in der Schule erfolgreich zu sein und neue Freunde zu finden, gab mir definitiv eine neue innere Stärke, Zuversicht und eine Widerstandsfähigkeit, die später nützlich sein würde, wenn die Dinge etwas rauh wurden. Der Umzug nach Los Angeles hat mir gezeigt, dass Spontaneität und das Verlassen der eigenen Komfortzone, um etwas Neues zu erfahren, wirklich lohnend sein kann - auch wenn es anfangs ein bisschen gruselig ist. In der Tat würde ich so weit gehen, zu sagen, dass es beängstigend sein soll. Du musst nur dieses erste entscheidende Vertrauen fassen.

14 Jahre später war es wieder Zeit Vertrauen zu fassen. Ich war auf der Cambridge University und habe einen Abschluss in Englisch gemacht, gefolgt von einigen Praktika bei Zeitschriften und einem Job als Junior Copywriter bei einer Agentur für kreatives Marketing. Irgendwie fand ich mein Leben nicht so spannend, wie es hätte sein sollen. Londons journalistische Szene war viel nepotischer als erwartet und für die Stellen, die mich interessierten, konnte ich nicht mal Interviews bekommen. Es fühlte sich alt an und ich war gelangweilt und frustriert von der Stadt, in der ich aufgewachsen war. Ich brauchte eine Umgebungsveränderung und eine neue Herausforderung - aber wohin?

Wie es das Schicksal wollte, wurde ein tolles deutsches Mädchen (Shout out to Nina!) von einer Berliner Agentur abgeworben, um für dieselbe Kreativagentur wie ich in London zu arbeiten. Wir wurden Freunde und eines Tages sagte sie die unsterblichen Worte "Hey Liz. Willst du etwas wirklich cooles sehen? Ich nehme dich mit nach Berlin." Dieses kurze, bunte, schwindelerregende Wochenende in Berlin war alles, was es brauchte, um mich davon zu überzeugen, dass ich dort leben musste. Obwohl ich die Stadt kaum kannte und kein Deutsch sprach, sagte mir mein Bauchgefühl, dass ich es versuchen sollte. Meine Familie war verblüfft, als ich ihnen sagte, dass ich nach Berlin ziehen werde und Leute, die heute die Geschichte zum ersten Mal hören, sind immer noch erstaunt, dass ich den Mut hatte, alleine dorthin zu ziehen.

Für mich fühlte es sich nicht komisch an und ich denke, das ist, weil meine L.A.-Erfahrung mir die Angst genommen hat, an neue Orte zu ziehen. Ich erinnere mich, dass ich nicht lange nach meiner Ankunft in der U-Bahn saß und dachte: "Ich kenne hier niemanden ... wie verrückt ... aber wie aufregend!" Es stellte sich heraus, dass das Risiko nach Berlin zu ziehen sich für mich lohnte und ich blieb für unglaubliche acht Jahre. Natürlich gab es Höhen und Tiefen, aber für die meiste Zeit war es eine unglaubliche Erfahrung. Ich habe Freunde fürs Leben gefunden und sogar Deutsch gelernt - eine Sprache, die ich immer noch liebe.

Interessanterweise wurde Berlin zu der Zeit, als ich 2004 dort ankam, immer internationaler und viele Marken begannen, ihre Konsumentenkommunikation auf Englisch umzustellen. Ich war zur richtigen Zeit am richtigen Ort und das hat mir geholfen, meinen ersten beruflichen Erfolg dort zu feiern - ich wurde Gründerin und Chefredakteurin des Electronic Beats Magazine für T-Mobile und leitete es für fast 5 Jahre. Ich hatte keine Ahnung von dieser Marktlücke, bevor ich nach Berlin zog - aber es ist genau die Art von Belohnung, die man bekommt, wenn man seine Karten auf den Tisch wirft und All-In geht.

Was ist das Schlimmste, was passieren kann, wenn du irgendwohin ziehst und es dir nicht gefällt? Wenn es nicht klappt, ziehst du zurück und das meiste wird immer noch gleich sein. Wenn sich die Möglichkeit bietet, im Ausland zu arbeiten, würde ich sagen, greif sie mit beiden Händen. Oder wenn man in einer glücklichen Fernbeziehung ist und man gefragt wird umzuziehen, warum nicht die Chance wahrnehmen? Wer nicht wagt der nicht gewinnt.

Die andere großartige Sache für mich, in Berlin zu sein, war, dass ich, als ich mich letztendlich dazu entschied nach London zurückzukehren, entdeckte ich, dass ich es wieder lieben konnte, und jetzt ist es eine Stadt, in der ich wirklich gerne lebe und arbeite.

Manchmal frage ich mich, welche anderen merkwürdigen weit entfernten Orte ich eines Tages als Heimat bezeichnen könnte. Ich weiß, dass ich immer die Art von Person sein werde, die bereit ist, etwas Neues auszuprobieren. Und dafür werde ich L.A und Berlin immer danken.

editor: Melanie Brand

Elizabeth McGrath wuchs in East London auf und studierte Englisch in Cambridge. Sie verbrachte acht Jahre in Berlin, bevor sie nach London zurückkehrte, um in der Werbebranche als Senior Texterin zu arbeiten und für einige der größten Marken der Welt zu schreiben. Sie hat gerade einen Master in Creative Writing gemacht und arbeitet an ihrem ersten Roman (wenn sie die Zeit findet). Sie vermisst die Berliner Winter nicht, aber sie vermisst ihre Freunde, durch die Stadt zu radeln, Kase Spätzle, Apfelschorle und den Wahnsinns.

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