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Hadley Hudson

Meine Arbeit ist inspiriert und getrieben von Emotionen und es war mir ein ständiges Privileg, in die Gefühlswelt der Menschen, die ich fotografiere, eintreten zu dürfen.

Du bist in San Francisco geboren und aufgewachsen und hast in Los Angeles studiert. Was hat dich dazu bewogen, nach Berlin zu ziehen und dort zu bleiben?

Ich besuchte die Kunstschule an der UCLA und wie durch eine Wendung des Schicksals heiratete ich einen Deutschen und bekam in meinem letzten Studienjahr ein Baby. Wir lebten in Los Feliz und ich erinnere mich daran, dass ich mit meinem neugeborenen Sohn im Griffith Park spazieren ging und immer wieder vor dem "Berlin Forest“ landete. Dort ist ein Schild mit einem Pfeil, der nach Berlin zeigt, zu sehen. Dieses Zeichen schien eine Vorahnung zu sein, da wir zwei Jahre später bereits in Berlin lebten, wo ich dann mein Leben als Fotografin begann.

Wie haben Berlin und Los Angeles deine Dokumentarfotografie inspiriert?

Meinen fotografischen Stil habe ich definitiv durch den Umzug nach Berlin gefunden. 2001 lebte ich in Prenzlauerberg und ein Freund von mir, der Bildredakteur des Spin Magazine in New York war, bat mich, ein Porträt der Musikerin Peaches zu schießen. Ich hatte gerade erst ihr Konzert in einem Club namens WMF besucht und war von ihrer Furchtlosigkeit und ihrer feurigen Energie auf der Bühne total begeistert. Peaches und ich trafen uns für unser erstes von vielen weiteren gemeinsamen Shootings am alten Kurvenstar in Berlin Mitte. Sie war damals beim Label Kitty-yo und so habe ich durch sie Künstler wie Gonzales, Mocky, Chicks on Speed, Jamie Lidell und viele weitere kennengelernt und jeweils Fotos mit ihnen gemacht. Damals drehte sich alles um die alte White Trash Bar an der Torstrasse sowie Conny Oppers Club Rio. Berlin fühlte sich explosiv kreativ, hedonistisch und unglaublich frei an. Die meiste Zeit verbrachte ich mit Musikern und Künstlern, was meinen dokumentarischen Stil prägte, da ich im Grunde nur das fotografiere, was vor mir und meinem Berliner Leben stand.

Photo of Peaches vor old White Trash auf der Torstrasse

Photo of Peaches at the old White Trash on Torstrasse

Parallel zur Musikfotografie entstand in dieser Zeit eine weitere Dokumentationsreihe mit dem Titel "Women Crying". Die Serie begann als eine Freundin von mir, überwältigt von Wut und Trauer nach einer Trennung, mich bat, in ihre Wohnung zu kommen und sie zu fotografieren wie sie schluchzend eine Vase zertrümmerte. Anschließend fotografierte ich eine ganze Reihe weinender Frauen... alle in Berlin. Es war faszinierend, das Spektrum menschlicher Emotionen miterleben zu können und zu sehen wie die Emotionen von Sekunde zu Sekunde schwankten. Dies gab meiner fotografischen Arbeit eine weitere Richtung, bei der es im Wesentlichen darum geht, Menschen und Emotionen zu SEHEN und eine Umgebung zu schaffen, in der Menschen und Gefühle gesehen werden können. Später stieß ich auf dieses Zitat von C.G. Jung: "Ohne Emotionen kann man Dunkelheit nicht in Licht und Apathie nicht in Bewegung verwandeln." Meine Arbeit ist inspiriert und getrieben von Emotionen und es war mir ein ständiges Privileg, in die Gefühlswelt der Menschen, die ich fotografiere, eintreten zu dürfen.

Was sind deine Lieblingsmotive in beiden Städten?

Berlin und Los Angeles sind beides weitläufige Städte voller spektakulärer Schönheit und zugleich Hässlichkeit, was mich unglaublich beeindruckt. Beide sind reich an Kontrast, Energie und Verfall. Seit etwa sechs Monaten bin ich wieder zurück in Los Angeles und ich fühle mich aufgrund der Qualität des Lichts und der Intensität der Hitze manchmal wie in einem langen Traum. Meine Fotografie wird immer heller... sicherlich nicht thematisch gesehen, aber es zieht mich an, im Freien zu fotografieren, was ich in Berlin selten gemacht habe. In Berlin hatte ich hingegen das Gefühl, dass alles nachts stattfand... so auch meine Fotografie... und hier (in Los Angeles) kann man dem Licht, das ich seitdem lieben gelernt habe, nicht entkommen!

Woran arbeitest du gerade? Was steht als nächstes auf deiner Liste?

Derzeit arbeite ich an einer Serie mit dem Titel "Wedding Day", die auf meiner eigenen Hochzeit im Jahre 1997 hier in Los Angeles basiert. Das Ganze ist jedoch eine ziemliche Abkehr für mich, da es im Wesentlichen Storytelling (meine eigene Geschichte) im Gegensatz zur unverblümten Dokumentation darstellt. Ich mache zudem auch eine Serie bei Safe Place for Youth in Venice. Safe Place for Youth ist eine Anlaufstelle für Obdachlose und weggelaufene Teenager, welche Nahrung, medizinische Versorgung, Wohnraumvermittlung und Beratung für jeden, der durch ihre Türen geht, bietet. Ich habe bisher über fünfzig der Jugendlichen fotografiert und werde dort im Herbst auch einen Fotografie-Workshop leiten. Wirklich inspirierend ist, dass ich dort so viele erstaunliche Teenager und junge Leute getroffen habe und die meisten oder fast alle von ihnen Musiker, aufstrebende Künstler, Tänzer, etc. sind!

Headley's Berlin - Los Angeles Playlist

 
Photos of series "Wedding Day" by Hadley Hudson

Hadley Hudson ist eine amerikanische Fotografin, geboren und aufgewachsen in San Francisco. Sie lebte in Deutschland und New York und wohnt nun aktuell wieder in Kalifornien, in Los Angeles. Sie studierte Kunst an der UCLA School of Arts und Parsons School of Design in Paris.

www.hadleyhudson.net
@hadleyhudsonphoto

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